CHANGELING – Changeling (2025)

Band: CHANGELING
Album: Changeling
Genre: Progressive Death Metal

Trackliste:
01. Introject
02. Instant Results
03. Falling In Circles
04. World? What World?
05. Metanoia Interlude
06. Changeling
07. Abyss
08. Cathexis Interlude
09. Abdication
10. Anathema

CHANGELING ist ein neues Projekt des deutschen Ausnahmemusikers Tom ‚Fountainhead‘ Geldschläger. Ob als Gitarrist, Produzent oder im Mixing und Mastering, hat er auf ganz unterschiedliche Weise an über 100 Veröffentlichungen mitgewirkt und dabei unter anderem mit Obscura oder Belphegor gearbeitet. Sein Skill an Saiteninstrumenten (unter anderem auch fretless Gitarren oder Oud) macht ihn schon jetzt zu einer Legende. Mit dem Konzeptalbum Changeling schlägt er ein neues Kapitel in seiner Karriere auf, widmet er sich doch seiner eigenen musikalischen Vision und verleiht ihr Ausdruck.

Lässt man den Blick kurz über die mitwirkenden (Gast-)Musiker schweifen, erkennt man schnell: das ist kein gewöhnliches Album. Das Core-Line-Up von CHANGELING macht gleich ordentlich Eindruck: neben Fountainhead (verantwortlich für Gitarren, Oud, Komposition, Arrangement und Produktion) finden sich Arran McSporran (Virvum, Vipassi, De Profundis) am Bass, Morean (Alkaloid, Dark Fortress) der für Lyrics und Vocals verantwortlich ist, und Mike Heller (Fear Factory, Raven) an den Drums. Bei den Gastmusikern und deren Instrumenten liest man dann auch Ungewöhnliches wie Marimba, Tuba, Horn, Kirchenorgel, Oboe und Klarinette. Das klingt ja durchaus vielversprechend, aber lässt auch sehr Komplexes erwarten.
Das Album teilt sich in drei Teile, die jeweils mit einem instrumentalen Stück, einem Interludium eingeleitet werden, wobei bereits diese Stücke mit einer enormen Wucht und Komplexität daher kommen. Der erste Song „Instant Results“ kracht in typischer Tech Death-Manier durch die Vordertür und bringt eine ordentliche Ladung Energie mit, führt damit aber auch ein klein wenig in die Irre. Die Charakteristik des Songs ändert sich nach etwa 90 Sekunden, markiert durch eine auffällige, mehrstimmige Clean-Vocal-Sequenz wird in die Welt gebrüllt: „let’s pick up the pace, get something done“ und dann geht es ab. Schlagartig nimmt die Komplexität zu, zwei Gitarrensolos hintereinander verschmelzen über Rhythmus- und Tempowechseln, alle paar Takte passiert etwas Neues, man kann als Hörerin kaum Schritt halten. In diesem Stil geht es weiter, Klangschichten überlagern sich, verschmelzen, brechen aneinander, Motive, die kurz aufblitzen, an späterer Stelle wuchtig wieder erstehen, wie in „World? What World?„, wo das erste fragile Akustik-Riff im Grunde das Kernmotiv des ganzen Songs darstellt. Dieser Song ist auch ein wunderbares Beispiel dafür, wie orchestrale Instrumentierung gut dosiert, perfekt sitzend integriert werden kann, hier im konkreten Bläser, die wie selbstverständlich die technisch hochstehende, komplexe Klangwand ergänzen. Dazwischen immer wieder beeindruckende Solos, im unverkennbaren Stil Fountainheads, aber auch Gastmusikern wird Platz im Schweinwerferlicht eingeräumt. Im Grunde müsste jeder einzelne Song eigens aufgegriffen werden – so viel tut sich darin. Ich hebe daher nur einige für mich relevante Elemente hervor: die dunkle, schwere, eiskalte Atmosphäre von „Abyss“ und das doomige Ende des Songs, insbesondere aber das knapp 17 minütige Opus „Anathema“ ist ein beeindruckendes Stück Musik. Zwischen ruhigem Beginn mit einem Männer-Chor und Spoken Word, perfekt gesetzten Bläsern, die den Song tragen und einem prägnanten Chorus (wobei: ist das überhaupt ein Chorus?), der sich tief in der Erinnerung festsetzt. Mächtige Drum Sequenzen, hüpfend-pulsierende Basslinien und eine facettenreichen Songprogression, die eine Reihe von Wendungen aufweist, überraschende Elemente und ein imposantes Finale zu bieten hat.
Nicht zuletzt sei auch noch die perfekte Produktion erwähnt, die trotz der Dichte, Vielfalt und Komplexität eine beeindruckende Tiefe aufweist, in der alle Instrumente gut erkennbar und hörbar sind. Gerade auch die ungewöhnlichen Instrumente glitzern so im Lichtkegel der Scheinwerfer, wenn sie auch insbesondere auf Fountainhead selbst gerichtet sind. Und – das sei explizit hervorgehoben – dass hier echte Instrumente und nicht irgendwelche Samples und digitale Konserven genutzt werden, hört man im Ergebnis eines wunderbaren organischen Sounds, Umso mehr fallen Kleinigkeiten auf, wie das unglückliche Fade-out bei „Instant Results„, das ein jazzy Solo abwürgt.

Fazit:
Fountainhead verfolgt mit CHANGELING kompromisslos seine Vision und es entsteht ein Album, das perfekt durchproduziert ist, mit komplexen, teilweise überwältigenden Songstrukturen glänzt, mit ungewöhnlichen Instrumenten überrascht. Es ist kein Album für easy-listening, kein Album für den Einstieg in Progressive Death, es fordert die Hörerin, es fordert Aufmerksamkeit, bisweilen sogar Konzentration, um der Songprogression nicht hilflos gegenüber zu stehen. Wer aber empfänglich ist für Eskapismus in hochtechnischen, komplexen Klangwelten, wird seine Freude haben.

Punkte: 9/ 10

 

Autor: distelsøl