Wolfgang Kronsteiner (In Dornen)

Hallo! Ich freue mich sehr über die Gelegenheit, dir ein paar Fragen zu stellen.

Erst einmal möchte ich dich bitten, dich unseren Lesern vorzustellen.

Da muss ich etwas ausholen. Ich habe schon mit 13 Jahren die Liebe zum Black Metal gefunden und
war von diesem ganzen Drumherum, insbesondere diesem ganzen Satanszeug und den
Brandstiftungen schwer beeindruckt. Ich begann dann mit 15 Jahren erste Versuche, selbst Musik zu
machen auf höchst dilettantische Weise. Ich habe den alten Kassettenrekorder meines Vaters
genommen, auf einer geschenkten E-Gitarre und einem selbst zusammengeschusterten Schlagzeug
meine ersten Demos aufgenommen, es aber dann relativ schnell wieder bleiben lassen. Mit 19 habe
ich dann die nächsten Versuche gestartet. Das klang dann schon ein wenig besser und ich gründete
die Band In Dornen nachdem ich mich als Bassist in einer Rock, Grindcore und Black Metal Band
versucht hatte. Das war aber alles nicht sonderlich ernst zu nehmen. Da ging es eher ums saufen und
beisammen sein.
Ich produzierte einige Demos, die aber besser im Archiv bleiben. Fasziniert von Bands wie
Dornenreich und Empyrium komponierte ich 2008/2009 das Album IN DEN TIEFEN WÄLDERN
welches als MC bei Karge Welten Kunstverlag erschienen ist. Kurz darauf erschien das Album
ISOLATION, welches alles andere als Black Metal war. Ich hatte zu der Zeit meine Liebe zu der Band
Goethes Erben und DAS ICH entdeckt und das spürte man merklich auf der Platte, welche auf dem
damals noch recht jungen Label Naturmacht Productions erschien.
Es folgte dann eine Split mit der deutschen Band Tann im Nebel. Durch meine Übersiedlung nach
Wien, Studium, Gründung einer Familie etc. geriet das Projekt IN DORNEN in Vergessenheit. Die
Leidenschaft für den Black Metal blieb aber.
Erst letztes Jahr, 10 Jahre später, holte ich In Dornen wieder aus der Versenkung und veröffentlichte
das Album Heimkehr über das Label Moos und Efeu. Kurz darauf folgte Vergänglichkeit und bald
erscheint auch das Album Trauer, welches vorerst als Kleinstauflage in Form eines Mediabooks
erhältlich ist. Eine Labelveröffentlichung als MC und als Digipack, darf ich inzwischen auch offiziell
bekanntgeben, da ich erst kürzlich bei dem Grazer Label Kult und Kaos Productions unterschrieben
habe.
Zu mir selbst gibt es kaum etwas zu sagen. Ich bin Mitte 30, bin im Sozialbereich in einer leitenden
Funktion tätig und lebe mit meiner Frau, unseren Kindern, 2 Hunden und 2 Enten im beschaulichen
Losenstein in OÖ. Ich fotografiere sehr gerne und bin viel in der Natur.

Wie bist du auf den Namen IN DORNEN gekommen?
Eigentlich wollte ich die Band IN DORNEN GEFANGEN nennen. Dies schien mir aber zu lange. Daher
entschied ich mich für IN DORNEN. Was genau meine Bewegründe waren, kann ich dir aus heutiger
Sicht nicht mehr beantworten.

Bei diesem Namen denkt man sofort an die Band DORNENREICH. Haben sie dich in irgendeiner Weise beeinflusst?

Es gibt tatsächlich eine Verbindung zu Dornenreich. Eine höchst emotionale, denn deren Musik
begleitet mich schon seit vielen Jahren und hat mir durch sehr schwere Zeiten geholfen. Ich kann
mich noch gut an mein erstes Konzert erinnern. Da stand ich in der ersten Reihe und bei dem Song
Trauerbrandung sind alle Dämme gebrochen. Solch eine emotionale Achterbahnfahrt hatte ich bisher
nur sehr selten. Es ist Musik, die mich tief im Inneren berührt. Sicher, die Texte sind teilweise sehr
kryptisch aber dies schafft den Raum für Interpretationen und bewegt mich zum Nachdenken. Ich
finde es schade, dass heutzutage kaum wer noch auf die Texte achtet, bzw. kann ich mit platter Satanslyrik vieler Kapellen kaum mehr was anfangen. Versteh mich nicht falsch, ich höre nach wie vor
sehr gerne noch stupides Zeug, aber ich muss immer öfter bei gewissen Cover, Bandfotos und Texten
schmunzeln.
Ich habe tatsächlich immer wieder versucht, dieser Band nachzueifern, aber es ist mir bisher nicht
Mal im Ansatz gelungen. Dafür reichen auch meine Fähigkeiten auf der Gitarre bei weitem nicht aus.
Deshalb suche ich schon geraumer Zeit einen fixen Gitarristen, der Lust hat, In Dornen und mein
zweites Projekt Winterwald mit mir aufzubauen.

Ich hab mir gerade die Titel deiner Veröffentlichungen angeschaut. Das erste Album heißt „Isolation“. Hättest du dir damals vorstellen können, dass jemals eine Zeit kommt, wo wir alle davon betroffen sind?

Ich nehme an du spielst mit dieser Frage auf Corona an. Mich persönlich hat Corona nicht so tangiert
oder in irgendeiner Weise eingeschränkt. Soziale Kontakte habe ich nicht vermisst, da ich schon
immer ein ziemlicher Einzelgänger war und bin.
Leider waren die schwächsten Mitglieder unserer Gesellschaft wieder diejenigen, die es am härtesten
getroffen hat. In der Zeit der Pandemie gab es einen signifikanten Anstieg an Depressionen und
anderen psychischen Beeinträchtigungen bei Kindern und das hat mich doch bewegt. Die Ausläufer
dieser Pandemie sind deutlich spürbar, auch in meinem beruflichen Umfeld. ich stelle mir sehr viele
Fragen, aber das würde den Rahmen hier bei Weitem sprengen.

Wie hast du persönlich diese Zeit genutzt?

Für mich persönlich hat sich nicht viel verändert und da ich in einem systemrelevanten Bereich tätig
bin, war ich sowieso in der Arbeit und habe viel an unserem Haus gebastelt, wenn es die Zeit
zugelassen hat.

Viele haben Probleme damit, wieder ins normale Leben zurückzufinden. Was würdest du den Menschen empfehlen, um wieder eine gewisse Lebensfreude zu entwickeln?

Eine Empfehlung abzugeben ist schwierig, da immer der Mensch als ganzheitliches Individuum
betrachtet werden muss und es viele Faktoren zu berücksichtigen gibt. Aber fernab von dem ist es
immer gut, jemanden zum Reden zu haben. Einen Menschen, dem man sich anvertrauen kann und der
wirklich zuhört. Das muss nicht immer face to face sein, nein, es gibt ja auch inzwischen einige
Beratungsstellen in Österreich, die man kostenlos und anonym anrufen kann. Ich spreche aus eigener
Erfahrung, dass auch das sehr hilfreich sein kann.
Und das Wichtigste ist für mich auch die Natur. Ein Waldspaziergang kann eine katharsische Wirkung
auf einen haben. Ich denke, die Menschen sollten sich einfach mal wieder bewusst machen , wie
glücklich wir uns schätzen können, in einem der schönsten und reichsten Länder der Welt leben zu
dürfen. Es ärgert mich immer wieder, wenn Menschen glauben der Staat sei eine eierlegende
Wollmilchsau. Wir haben aber auch Pflichten gegenüber dem Staat und solange jeder glaubt, sich
selbst der Nächste zu sein, sehe ich eher schwarz für die Gesellschaft. Gottseidank gibt es in unserem
Land sehr viele Ehrenamtliche, denn sonst würde vieles nicht funktionieren. Ich würde mir wünschen,
dass die Menschen wieder mehr zusammenrücken und rücksichtsvoller mit ihren Mitmenschen, der
Umwelt, den Tieren und auch mit sich selbst umgehen würden. Eine Rückbesinnung auf tradierte
Werte wie Nächstenliebe, Respekt und Bescheidenheit würden uns meiner Meinung nach ganz
guttun.

Warum hast du dich eigentlich entschieden, IN DORNEN als reines Solo-Projekt zu führen?

Das war keine bewusste Entscheidung. Ich würde sehr gerne eine Band haben und in dieser singen!
Andererseits bin ich zeitlich und geografisch komplett ungebunden und kann Musik machen, wann
ich möchte. Das erleichtert sehr viel, aber es hat auch seine Schattenseiten. Ich würde mich selbst
nicht als Musiker bezeichnen, da ich kein Instrument wirklich spielen kann. Ich kann von allem nur ein bisschen und das ist der Punkt, bei dem es am meisten hakt. Ich habe so unendlich viele Ideen für
Songs im Kopf und wo ich mit In Dornen und auch Winterwald hinmöchte, aber ich scheitere daran,
sie aus meinem Kopf und Herzen heraus in Musik umzusetzen. Ich bin bisher mit noch keiner In
Dornen Veröffentlichung zufrieden gewesen. Es gibt noch sehr viel Luft nach oben! Daher suche ich
schon seit geraumer Zeit ein zweites Bandmitglied, idealerweise einen Gitarristen, der beide Projekte
mit mir gemeinsam aufbauen möchte.

Planst du, deine Songs irgendwann auch live zu präsentieren?

Leider sind Liveauftritte nicht absehbar, auch wenn es mich sehr reizen würde. Ich hätte da schon
ganz genaue Vorstellungen, wie so ein Gig aussehen könnte. Aber ohne fixes Line-Up wird das wohl
nichts.

Wo holst du dir die Inspiration für deine Songs?

Die Inspiration für meine Songs ist das Leben selbst. Du brauchst nur mit offenen Augen durch die
Welt zu gehen und hättest schon an einem Tag Inspiration für zig Alben. Ich würde mich selbst als
sehr feinfühligen und vulnerablen Menschen bezeichnen. Mich berühren viele Dinge sehr heftig,
insbesondere wenn es um Kinder, Tiere oder unsere Umwelt geht. All diese Erlebnisse versuche ich in
die Musik und insbesondere die Texte miteinfließen zu lassen. Mein Werk Heimkehr sollte die
Sehnsucht und die damit verbundene Liebe nach der Heimat repräsentieren. Das Werk ist leider
komplett anders geworden, als ich es mir ursprünglich vorgestellt habe. Aber es ist ok so und ich
konnte vieles dazulernen.
Vergänglichkeit beschäftigt sich in dem Song Wolf mit dem Abartigen und verwerflichen in uns. Die
Abgründe unserer Seele, wenn du so möchtest. Der Thanatos, der in uns allen gärt, aber unterdrückt
wird. Der Protagonist in Wolf beschreibt die Angst vor diesem übermächtigen Tier, das nur darauf
wartet, aus dem Seelengrund ausbrechen zu können, um seine schlimmsten Phantasien ausleben zu
können. Leider konnten die Lyrics für diesen Song nicht im Digipack abgedruckt werden, denn ich
selbst finde, der Song funktioniert ohne diese nicht wirklich. In Vergänglichkeit selbst lege ich meine
Sicht auf die Welt dar und eben jene Dinge, die ich vorher schon beschrieben habe. Bei meinem
letzten Blick zu den Sternen stirbt der Protagonist am Schluss. Bei allen drei Stücken hat Patrick
Stoiber (Lebenssucht) großartige Arbeit an der Gitarre geleistet. Und auch Ocinn, welche für die Piano
Parts zuständig war, hat dem Song eine ganz eigene Note verliehen. An dieser Stelle nochmals ein
großes Dankeschön an die Beiden!
Das neueste Werk Trauer, welches am 03.02.2023 als Digipack und Kassette via Kvlt und Kaos
Records erscheint, ist eine persönliche Aufarbeitung eines sehr dunklen Kapitels meiner Biografie
und mein bisher persönlichstes Werk. Hier wurde ich von Raffael (Weltende) an der Gitarre, von
Hymir Drums am Schlagwerk, Ocinn am Piano und auch von Svart Necrohell als Gastsänger
unterstützt. Alle haben Großartiges geleistet und ich bin ihnen unheimlich dankbar, dass sie Teil
dieses teilweise sehr intensiven Prozesses waren.

Dein neues Album heißt „Vergänglichkeit“. Ich bin der Meinung, dass sich die Menschen heutzutage überhaupt nicht mehr mit diesem Thema auseinandersetzen wollen oder sogar davor Angst haben. Wie siehst du das?

Naja…ich denke, dass viele Menschen auch einfach Angst vor dem Tod haben und durch einen
exzessiven Lebensstil versuchen, diesen oder die Auseinandersetzung damit, auszublenden. Doch in
Wahrheit ist das ein Kampf gegen Windmühlen, denn wir alle sind vergänglich und niemand kann
sich was mitnehmen. Das Totenhemd hat keine Taschen.
Darum verstehe ich die heutige Konsumgesellschaft oft sehr schwer, wenn sie glaubt, durch die
Anreicherung durch immer mehr Besitz besser zu sein als andere oder gar was Besonderes. Ich sehe
dahinter oft verkümmerte, ungeliebte und ängstliche Seelen. Viele Menschen müllen sich täglich mit Konsum, Medien etc. zu und sind auf der Suche nach Lustmaximierung. Doch die Rechnung wird in
den seltensten Fällen aufgehen, schlussendlich gehen wir den letzten Gang allein und im Angesicht
des Todes zeigt sich wirklich, was von Bedeutung war im Leben. Die Menschen klammern sich immer
an irgendwas, sei es Besitz, Religion, Dauerbespaßung oder dergleichen, nur um mit diesen Leben
besser umgehen zu können. Und viele scheitern daran, versinken in Süchten, werden physisch und
psychisch krank, suchen immer nach dem nächsten Kick, der sie in Wahrheit umbringen könnte.
Daraus ist eine große Unterhaltungsbranche geworden. Sieh dir die ganzen Extremsportler an. Für
mich ist das reine Parasuizidalität. Auch über dieses Thema könnten ich mich jetzt stundenlang
ausbreiten.

Welche Pläne hast du für die Zukunft?

Oberste Priorität hat die Suche nach einem fixen Gitarristen für meine beiden Projekte In Dornen
und Winterwald. Ich würde es mir sehr wünschen, wenn In Dornen ein zweites Gesicht bekommt.
Parallel dazu laufen die Arbeiten zu meinem nächsten Output ZERBRECHLICHKEIT, wo ich selbst
wieder Gitarre spiele und auch die Arbeiten an meinem ersten Winterwald-Output. Darauf freue ich
mich ganz besonders, denn mir wurde die Ehre zuteil, dass Thomas von der Band Silberbach die
Gitarren eingespielt hat. Des Weiteren wird das Projekt von einer Gastsängerin und einem
Gastsänger unterstützt. Erstmals werde ich die Lyrics im OÖ Dialekt vortragen und inhaltlich
beschäftige ich mich mit dem Thema Sagen aus Österreich.

Und was würdest du unseren Lesern mit auf den Weg geben?

Ich denke es wurde schon viel geschrieben und ich bin in letzten Worten leider sehr schlecht. Ich
würde mir einfach wünschen, dass die Menschen wieder etwas offener und empathischer
aufeinander zugehen würden, denn wir haben alle nur eine sehr kurze Zeit auf dieser Erde und die
sollten wir in Frieden und Einklang mit uns selbst und unserer Umwelt verbringen.
Wenn ihr Lust habt, hört euch IN DORNEN und WINTERWALD an. Es würde mich freuen.

Vielen Dank für die Beantwortung meiner Fragen und alles Gute für die Zukunft!

Ich bedanke mich von Herzen für dieses Interview und deinen Einsatz, auch den weniger Bekannten
Bands eine Plattform zu bieten!