IM HERBST UNSERER KINDHEIT – The Creative Destruction Of A Timeless Vault (2025)

Band: IM HERBST UNSERER KINDHEIT
Album: The Creative Destruction Of A Timeless Vault
Genre: Avant-garde Black Metal

Trackliste:
01. The Art of Continuous Development
02. Lamentation
03. Condemned To Hate
04. The Creative Destruction
05. A Timeless Vault
06. In Darkness
07. No Suffer
08. The Sorrow Of All Ends

IM HERBST UNSERER KINDHEIT  legt mit The Creative Destruction Of A Timeless Vault bereits sein drittes Studioalbum vor – und als Spoiler vorweg: Wer das Außergewöhnliche sucht, wer leichte Atonalität, komplexe Brüche und bewusst gesetzte Unschlüssigkeit schätzt, wird hier voll auf seine Kosten kommen.

Der Einstieg  „The Art Of Continuous Development“  beginnt mit einem Violinensound, bevor die Doublebass und eine, nicht leicht zugängliche Gitarrenarbeit einsetzen. Druck wird hier nicht durch Aggression erzeugt, sondern durch Technik. Die Vocals bleiben ruhig, fast stoisch, die Lyrics sind besonders in den getragenen Passagen gut verständlich. Stilmittel wie Background-Chor, Keyboards und Synthesizer-Bridges fehlen nicht – und kurz vor dem letzten Paukenschlag erklingt die Violine erneut in einer auffälligen Bridge.

„Lamentation“ schlägt eine völlig andere Richtung ein. Keine Aggression, kein Druck über Geschwindigkeit – stattdessen eine Atmosphäre, die irgendwo zwischen The Cure und Rotting Christ angesiedelt ist. Die relativ klaren Vocals tragen die Stimmung, Synthesizer dominieren den Sound. Doch etwa ab der Mitte kippt der Song: Plötzlich drängen sich dunklere Black-Metal-Elemente auf, stilistisch erinnert das an Gaahls Wyrd oder Ellende – nur um im nächsten Moment in räudigen, gefährlichen Black Metal à la Immortal zu zerfallen. Stilbrüche sind hier kein Zufall, sondern Prinzip.

„Condemned To Hate“  startet fast punkig – doch die Melodie kippt schnell in eine finstere Stimmung, die wiederum stark an Immortal erinnert. Das Mastering bleibt rau, das Tempo bewegt sich im mittleren bis höheren Bereich, die Melodie ist eingängig, fast groovig. Gleichzeitig vermischt sich diese Grundstimmung mit roher Aggression, getragen von einer dreckigen, bösartigen Voice und einem durchgehenden Chor. Auch wenn die Gitarren schneiden und reißen – der punkige Schlagzeugtakt bleibt erhalten und wird von einer Klangwand aus Stimme, Symphonie und Chor überlagert.

Deutlich schneller und kompromissloser geht „The Creative Destruction“ zur Sache: Die Blasts laufen auf Höchsttempo, die Gitarren sind aggressiver als bei den vorherigen Tracks, die Screams klingen durch das Mastering noch eine Spur böser. Keyboard- und Synthie-Elemente treten hier in den Hintergrund – im Fokus stehen stattdessen die präzise, hochwertige Gitarrenarbeit und die rohe Energie. Eine Ausnahme auf dem Album, aber eine gut gesetzte.

Um vom Enthusiasmus  von „The Creative Destruction“ herunterzukommen, ist wohl  „ A Timeless Vault“  auf der Platte. Der Song schleppt sich zunächst schwer dahin: Heulende Klangflächen liegen über einem gleichmäßigen Drumbeat. Fast zwei Minuten bleibt die Struktur monoton, bevor vereinzelte Drum-Bridges und Vocals einsetzen. Erst ein opernhafter weiblicher Gesang durchbricht diese Monotonie kurzzeitig, bevor das Tempo leicht anzieht. Viel mehr passiert aber nicht, die Gitarrenarbeit bleibt gleichförmig, lediglich die Intensität und Tonlage der Vocals variieren. Der Song wirkt insgesamt atonal und bewusst verwirrend, als wären Stilmittel absichtlich wahllos kombiniert worden, um den Hörer zu desorientieren. WTH-Momente sind hier garantiert – ob man das mag, bleibt Geschmackssache.

„In Darkness“ ist dann wieder ein klarer Lichtblick. Rhythmisch druckvolle Gitarren und ein Schlagzeug im Midtempo führen in den Song, klanglich irgendwo zwischen neueren Satyricon-Werken und Dissection. Nach einer Bridge, in der die Vocals dominieren, zieht das Tempo an, die Blasts übernehmen, und die Screams treiben die Intensität auf die Spitze. Danach fällt das Tempo abrupt zurück in einen Groove-Modus – unterstützt von Keyboard- und Synthie-Elementen – und endet so geschlossen, wie der Song begonnen hat.

„No Suffer“ setzt den roten Faden der Abwechslung fort. Nach einem druckvollen Schlagzeugintro, über das sich chorähnliche Klänge legen, kommt die Violine hinzu, bevor vollkommen klare Vocals im Sprechgesang übernehmen. Danach geht es mit voller Geschwindigkeit und melancholischer Melodieführung weiter. Technisch nicht übertrieben anspruchsvoll, aber durch die Kombination der Stilelemente sehr stimmig umgesetzt.

Den Abschluss bildet „The Sorrow Of All Ends“. Der Track beginnt leise und steigert sich langsam, bis er in einen hohen Blast übergeht, über den Chor- und Synthesizer-Elemente gelegt werden. Eine eigenwillige Mischung, die aber funktioniert. Als einziger Song des Albums setzt „The Sorrow Of All Ends“ auf klassische, technisch saubere Gitarrenriffs und verzichtet komplett auf Screams. Der Song wird zum Ende hin immer leiser und bildet damit ein gut geführtes Outro

Fazit:
The Creative Destruction Of A Timeless Vault steht für Eigenständigkeit, Mut zur Unschlüssigkeit und bewusst gesetzte Brüche. IM HERBST UNSERER KINDHEIT liefern kein leichtes, eingängiges Album, sondern eine Mischung aus Atonalität, Kontrasten und technischer Klasse, die sich nicht einordnen lässt. Mal räudig, mal getragen, immer sperrig, aber nie beliebig. Ein Album, das seinen eigenen Weg geht – und genau deshalb aus der Masse hervorsticht.

Punkte: 9/ 10

Autor: Nicki