Band: V/HAZE MIASMA
Album: Praise Me! Erase Me!
Genre: Progressive/Post-Metal
Label: Inertial Music
Trackliste:
01. Praise Me!
02. Animos
03. Demi-Human
04. Shadows
05. Eden
06. Karzer
07. Cannula
08. Erase Me!

Der eigenwillige Name fällt auf, wenn man das erste Mal auf V/HAZE MIASMA stößt. Es soll aber nicht das letzte Mal sein, dass das Quartett aus Mannheim Unerwartetes präsentiert. Es sind Gegensätze, Kontraste, die in der Musik der Progressive-/ Post-Metal einen besonderen Stellenwert bekommen. Das zweite Album Praise Me! Erase Me! ist eben erschienen und lädt auf eine gute Stunde Hörerlebnis ein.
Eine schlichte Akkordfolge an einer akustischen Gitarre eröffnet „Praise Me!“ und das zweite Album der Deutschen. Nur langsam entfaltet sich die gesamte Instrumentierung, gewinnt der Klangraum Volumen, mit einer kraftvollen Sequenz setzen die Vocals ein, zweistimmige Harmonien, clean gesungen, bauen sich auf bis hin zu einem überraschend mächtigen Duett aus prägnantem Riff und harschen Vocals, das dann aber unversehens wieder in eine Akustiksequenz verebbt. Selten hört man Opener-Songs, in denen schon so viel passiert und so umfassend Stilelemente des gesamten Albums hervorblitzen. Selten ist es auch, dass mit so einfachen Mitteln eine solche Komplexität, aber auch Atmosphäre geschaffen wird. Und in der Tonart geht es weiter. Die Songs entwickeln und winden sich, nehmen unerwartete Wendungen. Da sind sie, die Kontraste: schöne Schlichtheit und verzerrte Fratzenhaftigkeit, Ruhe und Ausbruch, Melodie und chaotische Brüche. Scheinbar unvereinbare Gegensätze werden in den Songs zu Paaren und reichen sich die Hand. Es ist faszinierend zuzuhören, in jedem Song gibt es etwas zu entdecken. Mitunter auch zähe, altmodisch anmutende Melodieführungen, die von adrenalinschweren treibenden Sequenzen unterbrochen werden wie gegen Ende von „Demi-Human„. Wunderbar produziert, wie im besonders hervorzuhebenden „Shadows„, wo Bass und Drums von Beginn an einen sehr breiten Klangraum eröffnen. Songs, die Zeit haben, sich und ihre immanente Atmosphäre zu entwickeln, wo sich Komplexität nicht über das Aufeinandertürmen von Layern oder anstrengendem Gefrimmel im Detail aufbaut, sondern über Stimmung, aus dem Wechselspiel aus Intensität, Dichte und der Dynamik von laut und leise, ruhig und kraftvoll, Melodieführung und kraftvollen Durchbrüchen.
Es ist alles auf hohem technischen Niveau, wunderbar produziert. In „Demi-Human wird gefragt „is it love or is it hate“? Diese Frage kann mit einem eindeutigen Jein! beantwortet werden – ich höre fasziniert hin, aber bleibe stets auf dem Niveau einer Entdeckungsreise, einer Exploration, einer Analyse. Das schafft Distanz. Es fehlt mir Lebendigkeit, der Sog von Emotion, der mich packt und mitreißt. Mir scheint alles gut überlegt, gut gedacht, ja selbst jede noch so feine Distortion wohlüberlegt gesetzt, wie beispielsweise in „Eden„, wo gegen Ende eine kleine feine Melodie, mit langsam einsetzender und anschwellender Verzerrung, als vermeintlich hässliche Fratze das Ende des Paradieses vorwegnimmt. Es ist eine wohlüberlegte Dramaturgie und doch fehlt mir der emotionale Wumms, der mich in der Magengrube oder gerne auch straight in my face treffen darf, es fehlen mir die kleinen fehlerhaften, unvollkommenen Details, die erst Lebendigkeit ausmachen. Ich wäre gerne dabei, wenn die Band ihre Songs entwickelt, wenn die Musiker miteinander jammen, um Authentizität zu erleben.

Fazit:
Ein faszinierend zu hörendes Album, in dem sich progressive-artige Komplexität aus der Songprogression und Stimmung entspinnt. Intensität, Dichte und Dynamik zwischen Gegensätzen entwickeln sehr gut produzierte Klangräume. Und doch fehlt der emotionale Anker, fehlt der Sog, der einen packt und in den man sich fallen lassen kann. Es wirkt alles wohldurchdacht, doch es fehlen die Details der Unvollkommenheit, der Fehler, die erst Lebendigkeit ausmachen.
Punkte:
Autor: distelsøl
