Band: HANGATYR
Album: Sumpf der Fäule
Genre: Black Metal
Trackliste:
01. Sumpf der Fäule
02. Eine Wahrheit
03. Leichenmahl
04. Es webe Nacht
05. Fatales Gedeih
06. Dämmerung

Das 2006 gegründete Black-Metal-Quartett HANGATYR stellt mit Sumpf der Fäule nach fünf Jahren ohne neues Release sein neuestes Werk vor – und zeigt dabei eine deutliche Wendung. Waren die Jungs auf den Vorgängeralben noch stärker paganistisch unterwegs, so kommt diese Scheibe nun rein blackig, ohne viel Schnickschnack, dafür aber mit spürbar mehr Dynamik und Atmosphäre daher.
Den radikalen Stilwechsel zeigt schon der gleichnamige Opener „Sumpf der Fäule“, der nach einem ruhigen Intro mit einem giftigen Shriek startet, im 2er-Takt dahinbläst und ab der Mitte tief depressiv-atmosphärisch weiterzieht. Über die Lyrics lässt sich wie immer streiten, allerdings überzeugt die Nummer durch eine melodisch schöne Linienführung. Was das etwas zu hohe und grenzdebil klingende vokalistische Gekeife in der Mitte soll, bleibt fraglich – man hätte es sich sparen können, denn es nimmt der sonst extrem starken Nummer ein gutes Stück ihrer Wucht und lässt sie kurzzeitig fast wie Slapstick wirken.
Der vokalistische und lyrische Fauxpas im Opener bleibt leider kein Einzelfall, denn „Eine Wahrheit“ wartet zwar mit absoluter Stimmigkeit auf, aber auch hier zerstört ein ähnlich unpassendes Interludium viel Atmosphäre. Neben der stark geführten Leadgitarre kommt die Nummer mit treibenden Blasts, hervorragend gesetzten Soli und gut ausbalancierter Melodieführung daher. Takt- und Tempiwechsel sorgen für Abwechslung, die Doubleblasts bauen Spannung auf, während die Gitarren im giftigen Riffing beißen – eine an sich sehr gelungene Nummer, die sich durch das viel zu hohe, schrille Vokal-Element leider selbst schwächt.
Rauh und schwer geht es mit „Leichenmahl“ weiter – ein Track, der mit unglaublicher Tiefe, Schwere und dennoch brutaler Härte aufwartet. Nüchterner und weniger melodisch als die Vorgänger, wirkt er weniger verspielt, dafür aber umso drückender. Die düster-depressive Grundstimmung wird hier auf ein neues Level gehoben. Auch die Arbeit an den Instrumenten bleibt stark – hervorragende Melodieführung und eine dominante Leadgitarre machen die Nummer zum Höhepunkt der Platte, nicht zuletzt, weil das vormals kritisierte Gekreische hier komplett fehlt.
Noch atmosphärischer wird es mit „Es webe Nacht“, das bereits im Einstieg Dunkelheit verbreitet und an den Atmospheric Black der 90er erinnert. Geschickt gesetzte halb-gutturale Vocals über klassischem Tremolo nehmen den Hörer mit auf eine kleine Zeitreise – und doch ist es wieder das undefinierbare Gejaule, das der Nummer viel von ihrem Zauber nimmt und sie trotz aller technischen Stärke etwas dumpf und unstimmig wirken lässt.
In „Fatales Gedeih“ lassen Emperor herzlich grüßen – schon der Einstieg erinnert an Prometheus oder The Black Wizards. Ein Stück, das Fans des Atmospheric Black Metal ab der ersten Minute packen dürfte. Die Gitarrenarbeit ist hier zwar sparsam, aber absolut wirkungsvoll. Halb gesprochene, halb gekreischte Vocals schaffen eine morbide Stimmung, die ihresgleichen sucht – ein extrem stimmiger Track, der auf ganzer Linie überzeugen würde, wenn nicht auch hier wieder das unpassende Vokal-Interludium dazwischenfunken würde.
Wie alle Nummern der Scheibe leidet auch der Closer „Dämmerung“ unter diesem Problem. Instrumentalistisch stark, hervorragend in der Linienführung, aber ausgebremst von einer unnötigen Kunstform, die dem ganzen Album die konzeptionelle Stärke nimmt. Erstaunlich bleibt, wie konsequent HANGATYR an diesem störenden Fremdkörper festhält – eine Entscheidung, die das Gesamtwerk trotz großartiger musikalischer Substanz schwächt.

Fazit:
Sumpf der Fäule ist ein atmosphärisch dichtes, handwerklich starkes Album, das zeigt, wie viel musikalisches Potenzial und Tiefgang in HANGATYR stecken. Die Kombination aus drückender Schwere, melancholischer Melodieführung und klarer instrumentaler Struktur funktioniert hervorragend und verleiht der Platte eine eindrucksvolle Intensität.
Was das Gesamtbild jedoch wiederholt stört, sind die übertriebenen vokalen Ausreißer – zu hoch, zu schrill und in ihrer Wirkung fehlplatziert. Sie nehmen den Songs genau jene Ernsthaftigkeit und emotionale Wucht, die sie durch ihre großartige Instrumentalarbeit eigentlich hätten. Eine kleine, aber entscheidende Schwäche in einem ansonsten sehr starken, atmosphärisch reifen Werk, das ohne diese unnötigen Experimente deutlich kraftvoller gewirkt hätte.
Punkte:

Autor: Nicki