AORNOS – Pre Divine (2023)

Band: AORNOS
Album: Pre Divine
Genre: Black Metal

Trackliste:
01. Versus
02. Pre Divine
03. Cursed Grace
04. Here Night Sits All Day
05. Interwoven Worlds
06. Falling Into The Black Heavens
07. Meredély
08. At That Times

Die 2014 gegründete Black‑Metal‑Partie AORNOS zeigt auf ihrem mittlerweile vierten Studioalbum eindrucksvoll, was passiert, wenn man die für die Band typischen Themen – Dunkelheit, Chaos, den Ursprung der Welt und die menschliche Erfahrung – mit durchdachtem Songwriting und hoch technischer Instrumentalistik kombiniert. Neben beißenden Riffs finden sich ausgefeilte Soli und Clean‑Vocals; zudem halten Rhythmus‑ und Tempowechsel den Hörer durchgehend bei der Stange.

Der Opener „Versus“ startet sofort mit der erwähnten technischen Finesse und glänzt, neben mehreren komplexen Riffs, mit melodischen Passagen im Stil von Rotting Christ sowie zahlreichen Takt‑ und Tempowechseln. Ähnlich abwechslungsreich geht es im Titeltrack „Pre Divine“ weiter. Die im High‑Tempo gehaltene Nummer überzeugt durch giftiges Riffing, böse Vocals und eine ausgeklügelte Melodieführung. Zwei geschickt platzierte Bridges verleihen dem Stück zusätzliche Tiefe, während der rituelle Cleangesang für Atmosphäre sorgt. Hier zeigt sich die Fähigkeit der Band, einen unverwechselbaren Sound zu kreieren, der sich aus der Black‑Metal‑Landschaft abhebt, auch wenn er auf etablierte Einflüsse zurückgreift.

Wie durchdacht die Jungs beim Songwriting vorgehen, offenbart sich in Track drei, „Cursed Grace“. Mit beißenden Riffs über treibenden Drums startet die Nummer jenseits der 300‑bpm‑Marke, wechselt im Verlauf mehrmals den Takt und fräst sich über ein persistentes Riff zu einer epischen Bridge vor – Yoth‑Iria‑Fans werden den Song feiern.

Die wohl mächtigste und düsterste Nummer der Scheibe ist „Here Night Sits All Day“, deren Aufbau und Melodieführung an Emperors „The Ancient Queen“ erinnert. Dennoch wirkt „Here Night Sits All Day“ düsterer, schwerer und weniger technisch, glänzt dafür mit einem genialen Gitarrenpart am Ende und bleibt trotz des modernen Produktionsstils dem rohen, aggressiven Sound des frühen Black Metal verpflichtet.

Interwoven Worlds“ und „Falling IntoThe Black Heavens“ demonstrieren, wie Atmosphäre ganz ohne Schnickschnack aufgebaut werden kann. Beide Stücke verbinden Elemente des Black und Death Metal – Blastbeats, Tremolo‑Picking und eine Mischung aus Black‑Metal‑Screams, deathigen Growls und Sprechgesang – mit grandios melodischen Parts. Diese originelle Kombination sprüht vor giftiger Düsternis und überzeugt, wie der Rest der Scheibe, durch hochtechnische Instrumentalistik.

Der im Midtempo gehaltene Instrumentaltrack „Meredély“ sorgt für einen kurzen Moment der Ruhe, bevor es zum großen Finale kommt. Der Closer „At That Times“ rundet die durchweg gelungene LP mit einem Paukenschlag aus Takt‑ und Tempowechseln, technischen Soli und infernalisch bösem Sprechgesang im Kanon mit hexisch keifenden Screams ab – ein Stück, das mit seinem komplexen Aufbau, der geschliffenen Melodieführung und der ständigen Abwechslung noch einmal mächtig Eindruck hinterlässt.

Fazit:
Mit Pre Divine liefert AORNOS eine Lehrstunde darin, wie man virtuose Technik, tiefschwarze Atmosphäre und packendes Storytelling zu einem kohärenten Gesamtkunstwerk verschmilzt. Jeder Track trägt ein markantes Gesicht, doch zusammen formen sie ein imposantes, dramaturgisch stringentes Album, das Fans von technischem Black oder Extreme Metal gleichermaßen fordert und in seinen Bann zieht. Zwischen wütender Raserei, ritueller Erhabenheit und fein dosierter Melodik entsteht eine Klangwelt, in der Tradition und Innovation bruchlos ineinandergreifen. Wer nach einem Werk sucht, das die Grenzen des Genres respektvoll dehnt und dennoch kompromisslos finster bleibt, findet in Pre Divine einen zukünftigen Klassiker.

Punkte: 10 / 10

 

Autor: Nicki